Herbsttreffen

Herbsttreffen der Arche Nord-West am 15.10.2023 im Emsland Moormuseum

Zuallererst geht ein besonders herzliches Dankeschön an das Emsland Moormuseum, das uns den Besuch und die Führung durch Ausstellung und Freigelände kostenlos ermöglichte und vor allem an Andrea Haverkamp-Bergholz, die uns im Rahmen der gut zweistündigen Führung auf sehr unterhaltsame, informative und kurzweilige Weise die Urbarmachung und Kolonisierung des Bourtanger Moores vor und nach dem zweiten Weltkrieg und die Torfgewinnung vom Handstich bis zur industriellen Abtorfung nahebrachte und darüber hinaus von ihrer Arbeit als Verantwortliche für den Tierbestand des Museums berichtete.

Wie so oft im Herbst fiel der Termin für unser Herbsttreffen mit dem vieler regionaler Geflügelausstellungen und anderer Veranstaltungen zusammen, so dass einige bekannte Gesichter nicht dabei sein konnten. Dennoch hatten sich 28 Interessierte am Sonntagmittag im emsländischen Groß Hesepe eingefunden, um im Moormuseum etwas über das Leben der Moorbauern im frühen 20. Jahrhundert und die Moorkolonisierung im Rahmen des 1950 beschlossenen Emslandplans, vor allem aber über die im Bezug zum Siedlerhof des Museums gehaltenen bedrohten Nutztierrassen zu erfahren.

Unser erster Anlaufpunkt nach der kurzen Begrüßung war die historische Moorbauern-Siedlerstelle, die 1999 in Zusammenarbeit mit dem Verein „Land unter e.V.“ auf dem Außengelände des Museums errichtet werden konnte. Zu dem Gehöft gehören das Haupthaus mit Diele und Stall, der Hühnerstall, das Backhaus und der Bauerngarten. Die Siedlerstelle stellt die Wohnsituation einer Moorbauernfamilie dar, wie sie in den 1930 Jahren in vielen Moorgebieten typisch war.

Das gemütliche Häuschen mit den hübschen Gardinen und den Geranien in der Fensterbank lässt kaum ahnen, mit welchen Mühen das Leben im Moor einherging. Überall im Moor entstanden am Reißbrett Ortschaften nach gleichem Modell. Eine Kirche, ein Bäcker, eine Fleischerei und Gehöfte in zwei bis drei unterschiedlichen Größenordnungen. Die kleinen Gehöfte boten einer jungen Familie Unterkunft und die Möglichkeit, sich mit Gemüse, Brot, Eiern und Fleisch von Huhn, Schwein und Schaf selbst zu versorgen. Die Löhne aus der harten Arbeit im Moor reichten kaum, um sich mit dem, was nicht selbst angebaut oder hergestellt werden konnte, zu versorgen, denn Geld gab es nur, wenn auch Arbeit da war und die Darlehen für die Hofstellen mussten regelmäßig bedient werden. Der Stall beherbergt heute keine Tiere mehr, die Bentheimer Schafe und Schweine sind aus Tierwohlgründen anderweitig untergebracht. Im Hühnerstall mit zwei großen Ausläufen lebt eine Gruppe Westfälischer Totleger. Auch sie sind entgegen der damals gängigen Praxis eingezäunt und mit Netzen gegen Räuber aus der Luft geschützt. Üblicherweise liefen die Hühner damals ja frei, während der Gemüsegarten zum Schutz eingezäunt war.

Von Siedlerhaus ging’s weiter zum Schweinestall, der momentan nur die Bentheimer Zuchtsau Bentine beherbergt, die kurz vor der Rausche stehend, fleißig Nistmaterial zusammentrug. Nach einigen Versuchen mit Sauen aus der A-Linie, die sich vor allem wenn sie Ferkel führten sehr aggressiv zeigten, erwies sich die Kombination der B-Linie mit Ebern der H-Linie als für diesen Betrieb sehr gut geeignet. Nach einer überstandenen Lungenentzündung im Frühjahr geht Bentine nun in den nächsten Tagen zum Eber und erwartet dann ihren sechsten Wurf. Die Ferkel werden auf dem Museumsgelände aufgezogen und selbst vermarktet, wobei die Edelstücke an einen regionalen Gastronomen gehen und Speck und Wurstwaren über den Museumsladen vermarktet werden. Aus dem letzten, ursprünglich neun Ferkel starken Wurf von Bentine konnten wir anschließend die 4 noch nicht geschlachteten bei einem Stopp auf unserer Rundfahrt mit der Moorbahn über das Außengelände begutachten. Die Schweine werden hier extensiv auf weitläufigen Grünlandflächen gehalten. Auch die meisten der Bentheimer Landschafe konnten wir dort sehen, da sie kürzlich für die Zuchtbuchaufnahme dort untergebracht worden sind. Hauptaufgabe der Schafe ist die Landschaftspflege, Zucht- und Schlachttiere werden regelmäßig abgegeben.

Neben den Hühnern, Schweinen und Schafen beherbergt das Museum einige Holländische Landziegen, mehrere Bienenvölker in Magazinbeuten und Körben und eine Diepholzer Gans, die aber in Kürze wieder Gesellschaft bekommen wird. Schweine, Schafe und Gänse werden im Herdbuch geführt und der Siedlerhof ist als Arche-Hof anerkannt.

Nach der Rundfahrt erfuhren wir in den Hallen des Museums viel Interessantes und Wissenswertes über die Moorkolonisierung nach dem zweiten Weltkrieg. Die großflächige Trockenlegung und Urbarmachung der weitläufigen Moorgebiete bot eine Möglichkeit, die vielen Kriegsvertriebenen aus den Ostgebieten, die als Arbeitskräfte im Emsland dringend gebraucht wurden, unterzubringen.

Eindrucksvollstes Exponat des Museums ist wohl der größte weltweit jemals gebaute Ottomeyerpflug, der auf dem heutigen Museumsgelände zurückblieb, nur wenige Meter versetzt und schließlich buchstäblich mit dem Hallenkomplex umbaut wurde, der heute die Austellung zur industriellen Abtorfung beherbergt. Mit diesen Pflügen -viele kennen sicherlich das ähnliche, kleinere Modell „Oldenburg“, das vor dem Eingang des Museumsdorfes Cloppenburg steht- konnten jährlich riesige Moorflächen umgebrochen und entwässert werden. Um den riesigen Einschar-Kipppflug mit dem treffenden Namen „Mammut“ zu bewegen, waren nicht wie bei den kleineren Modellen, jeweils zwei Lokomobile nötig, sondern vier. Mit einer Leistung von jeweils 480PS waren also fast 1000 PS im Einsatz, um die Böden bis zu 2,2m tief aufzureißen, sie durch das Durchbrechen der wasserundurchlässigen Podsolschicht zu entwässern und die oben liegenden Torfschichten mit dem tiefer anstehenden Sand zu durchmischen. Die so entstandene Grundlage konnte von den Siedlern mit dem Dung ihrer Tiere in zumindest einigermaßen fruchtbaren Boden verwandelt werden. In Spitzenzeiten schaffte das Gespann aus Pflug „Mammut“ und den Lokomobilen des Typs „Thüringen“ und „Magdeburg“ 1ha in fünf Stunde. Eine Fläche, für die rund 500 Manntage nötig gewesen wären! Zwei der ursprünglich vier Lokomobile sind ebenfalls zu besichtigen.

Rund um den Pflug herum befindet sich auf zwei Ebenen die Ausstellung zur Raumneuordnung des Emslandes im Rahmen des Emslandplanes. Die Dauerausstellung zeigt die Themen Torfgewinnung und -verarbeitung und befasst sich in diesem Zuge auch mit dem Moorschutz aus aktueller Sicht. Der Wechselausstellungsbereich informiert in regelmäßigem Wechsel über historische und aktuelle Themen.

Nach einer Kaffeepause nutzten einige gern die Gelegenheit, sich noch einmal in aller Ruhe umzusehen und auch die zweite Ausstellungshalle zu erkunden. Diese eigentlich erste, 2006 grundlegend modernisierte Ausstellungshalle, die sich in an der Architektur der regional verbreiteten Torfstreufabriken orientiert, beherbergt in ihrem Zentrum ein weiteres eindrucksvolles Exponat: Eine über zwei Stockwerke reichende historische Torfstreuanlage Die Ausstellung in dieser Halle widmet sich der Moorentwicklung, dem Torfabbau vom Handstich bis zur industriellen Abtorfung und der Moorkultivierung vermittelt. Im kleinen Kino läuft ein Film aus den 50er Jahren zum Thema Erschließung des Emslandes.

Das mehrfach mit dem Museumsgütesiegel des Museumsverbands Niedersachsen und Bremen e.V. ausgezeichnete Emsland Moormuseum bringt seinen Besuchern auf moderne und ansprechende Weise die genannten Themen nahe und ist auf jeden Fall einen Besuch wert!

Daniela Lau für die Arche Nord-West

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