Herbsttreffen 2024
Für unser Herbsttreffen 2024 machten wir am 20.10.2024 uns auf den Weg ins wunderschöne Freilichtmuseum Detmold nach Ostwestfalen-Lippe.
Das LWL-Freilichtmuseum Detmold ist mit über 90 Hektar Fläche das größte Freilichtmuseum Deutschlands. Rund 120 Gebäude gruppieren sich zu mehreren über das weitläufige Gelände verteilten typisch westfälischen Dörfern, wobei jedes der authentisch rekonstruierten Dörfer eine eigene Epoche der westfälischen Geschichte darstellt. Stetig erweitert reichen die dargestellten Zeiträume mittlerweile vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert und ermöglichen so eine Zeitreise durch 500 Jahre westfälischer Alltagskultur.
Seit 1985 liegt ein bedeutender Schwerpunkt des Museums im Bereich der Landschaftsökologie, so dass damit nicht nur der Wandel der historischen Kulturlandschaft erlebbar wird, sondern durch die Zucht und den Erhalt alter und vor allem regionaler Nutztierrassen und Kulturpflanzen auch einem Zentrum für den Erhalt biologischer Vielfalt entstanden ist.
Dr. Christian Höing, Landschaftsökologe des Museums, stand uns für eine besondere Führung über das Gelände zur Verfügung, bei der von Anfang bis Ende deutlich wurde, mit wieviel Sachverstand und Nachdruck er sich für den Erhalt kultureller und biologischer Vielfalt einsetzt. Bewahrungsstätte für westfälische Identität und als lebendiges Labor für nachhaltige Kulturlandschaftspflege. Es bietet Einblicke in die Herausforderungen der Gegenwart, wenn es um Erhalt von Artenvielfalt, nachhaltige Landwirtschaft und regionale Traditionen geht.
Auf unserem Rundgang sahen wir die unterschiedlichen Höfe und erfuhren, dass zu jedem Hof ein nach historischen Vorbildern und traditionellen Pflanzplänen angelegter und mit Sachverstand gepflegter Bauerngarten gehört. Diese Gärten, in denen die für die jeweilige Region und Epoche typischen Kräuter, Nutzpflanzen und Blumen wachsen, sind nicht nur Anschauungsobjekt, sondern vor allem auch unschätzbar wertvolle Genreserve und begehbares Archiv alter Nutzpflanzen und Gartenkulturen.
Weitere Highlights sind die Streuobstwiesen, auf denen regionale Apfel-, Birnen- und Pflaumensorten erhalten und vermehrt werden und die unterschiedlichen Heckenformen, die als Einfriedung auf eine lange Tradition zurückblicke. Die Nieheimer Flechthecke als besondere Form der Wallhecke wurde 2018 in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Auch am Erhalt durch die Zucht seltener und vom Aussterben bedrohter Haustierrassen beteiligt sich das Freilichtmuseum Detmold aktiv.
Aktuell sind unter anderem verschiedene Schaf- und Rinderrassen, Bunte Bentheimer Schweine, Westfälische Totleger, Lakenfelder Hühner, Lippegänse und Sennerpferde Teil des lebendigen Museumsbetriebes. Sie werden (selbstverständlich unter Beachtung strenger Tierwohlkriterien) nah am historischen Vorbild gehalten und traditionell präsentiert. In Zusammenarbeit mit Erhaltungszuchtverbänden werden sie im Rahmen von Zuchtprogrammen gezüchtet und möglichst im Herdbuch geführt.
Eine besondere Stellung nehmen die Senner Pferde ein, denen das heutige Museumsgelände Mitte des 19. Jahrhunderts schon einmal als Außenstelle des fürstlichen Gestüts diente. Die älteste urkundlich erwähnte Pferderasse Deutschlands, von der es weltweit nur noch etwa 60 Tiere gibt, wird seit einigen Jahren wieder im Freilichtmuseum gezüchtet. Aktuell beteiligt das Museum mit drei Stuten an der Zucht und das mittlerweile 15. Fohlen aus eigener Nachzucht kam im Juli 2024 zur Welt.
Matthias Vogt, G-E-H Mitglied und Vorsitzender des Zuchtverbandes der Senner Pferde begleitete unsere Gruppe und konnte uns vieles über diese besondere Rasse erzählen.
Fazit
Das LWL-Freilichtmuseum Detmold ist ein einzigartiger Ort, an dem die Vielfalt Westfalens erfahrbar wird. Die Bedrohte Nutztierrassen und historische Gartenkulturen zeigen eindrucksvoll, wie reich die ländliche Kultur Westfalens war – und wie wichtig ihr Erhalt für die Zukunft ist. Ein Besuch ist eine inspirierende Reise durch die Zeit und ein bewegender Begegnungsort für Tradition und Innovation. Anhand anschaulicher Beispiele wurde deutlich, dass dieses besondere Museum nicht nur regionale Traditionen, westfälische Kultur und Identität bewahrt, sondern als eine Art lebendiges Labor für nachhaltige Landwirtschaft, Kulturlandschaftspflege und dem Erhalt von Biodiversität auch lösungsorientierte Einblicke in die Herausforderungen der Gegenwart bietet.
Nach alter Tradition ging der Nachmittag gemütlich bei Kaffee und Kuchen zu Ende, ehe alle entweder zu einem weiteren Gang über das Museumsgelände aufbrachen oder den Heimweg antraten.